Wenn ein Auge von der Sehachse abweicht
Schielen

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Wann von einem Schielen gesprochen wird

Wenn wir einen Gegenstand anschauen und die Augen parallel stehen, nehmen das rechte und das linke Auge ein einziges Bild wahr, welches dann im Gehirn verarbeitet wird. Wenn nun ein Auge von der Blickrichtung abweicht, spricht man von einem Schielen – oder in der Fachsprache auch Strabismus genannt. Beim Schielen ist nicht nur die Sehfähigkeit beeinträchtigt, sondern es besteht bei Kindern die Gefahr eine behandlungsbedürftige Sehschwäche zu entwickeln. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass bei einem Verdacht auf ein Schielen eine augenärztliche und orthoptische Abklärung durchgeführt wird.

Eine Fehlstellung der Augen

Ein Schielen kann bereits bei der Geburt vorhanden sein, aber auch plötzlich in jedem Lebensalter auftauchen. Es gibt verschiedene Ursachen, welche ein Schielen begünstigen können. Bei Kindern ist oft eine Fehlsichtigkeit der Augen oder ein organischer Defekt der Grund. Bei Erwachsenen tritt ein Schielen oft wegen eines Ungleichgewichts der Augenmuskeln auf. Es können aber auch Entzündungen, Durchblutungsstörungen, Kompressionen oder Verletzungen im Gehirn zu einer Einschränkung der Augenbeweglichkeit führen, dies kann wiederum ein Schielen verursachen. Da Schielerkrankungen familiär gehäuft sind, sollten Babys von betroffenen Eltern frühzeitig eine Abklärung durchführen lassen, auch wenn keine offensichtlicher Verdacht besteht.

Schielen kann verschiedene Formen haben

Der Auslöser für ein Schielen kann eine ernste Krankheit sein. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige und genaue Diagnostik sehr wichtig. Schielerkrankungen werden in verschiedene Formen aufgeteilt. Im Folgenden zeigen wir Ihnen die wichtigsten auf. Bei jeder dieses Schielform kann eines der Augen nach innen, nach aussen oder in der Höhe von der Blickrichtung abweichen. Auch ein horizontales Schielen in Kombination mit einem Höhenschielen kann auftreten.

Verstecktes Schielen

In der Fachsprache wird diese Schielform latentes Schielen genannt. Hier liegt ein Ungleichgewicht der Augenmuskulatur vor. Da dieses Ungleichgewicht vom Gehirn in der Regel selbst ausgeglichen wird, ist das Schielen nicht offensichtlich. Schätzungsweise sind über 80% der Menschen von einem versteckten Schielen betroffen. Bei Stress, Müdigkeit oder langer visueller Anstrengung kann es aber Symptome verursachen. Dazu gehören:

  • Frontale Kopfschmerzen

  • Verschwommensehen

  • Konzentrationsprobleme

  • Wahrnehmung von Doppelbildern

Diese Beschwerden nehmen meist im Tagesverlauf und nach langer visueller Anstrengung zu. Ein latentes Schielen kann in gewissen Fällen auch konstant manifestiert werden und ein sichtbares Schielen übergehen.

Offensichtlicher Strabismus (Schielen)

Eine solche Schielerkrankung ist meistens angeboren und manifestiert sich in den ersten Jahren oder entsteht aus einem versteckten Schielen im Laufe des Lebens. Bei Babys entwickelt sich in den ersten vier Lebensmonaten die Fixation der Augen, deshalb kann bis dahin auch ab und zu ein Babyschielen auftreten. In den ersten Monaten kann bei Babys auch ein Pseudoschielen vorliegen, welches durch den breiten Nasenrücken – auch Epikanthus genannt, vorgetäuscht wird. Eltern beobachten dann auf Fotos ein Innenschielen oder, dass es beim Blick auf die Seite des Kleinkindes so aussieht, als würde ein Auge stehen bleiben. Wenn auch nach dem 4. Monat noch ein Schielen besteht, dann ist eine orthoptische und augenärztliche Abklärung notwendig, damit ein Pseudoschielen von einer richtigen Schielerkrankung unterschieden werden kann. Das Mikroschielen ist eine Untergruppe des offensichtlichen Schielens, bei dem es sich um einen sehr kleinen Schielwinkel handelt. Von blossem Auge ist ein Mikroschielen kaum erkennbar und ist daher sehr heimtückisch, da es oft sehr spät festgestellt wird. Das führt zu einer beträchtlichen Sehstörung des abweichenden Auges.

Lähmungsschielen

Hier sind die Hauptursachen Grunderkrankungen, Kopfverletzungen oder Durchblutungsstörungen die, die Augenmuskeln oder den Nerven schädigen. Dies kann zu einer Einschränkung in der Augenbeweglichkeit führen, was Doppelbilder in einer bestimmten Blickrichtung oder bei einer gewissen Kopfhaltung zur Folge haben kann. Diese Schielform tritt typischerweise plötzlich auf und muss sofort abgeklärt werden. In seltenen Fällen kann ein Lähmungsschielen angeboren sein. Im Kindesalter kommen Augenmuskellähmungen jedoch selten vor, meist ist ein Sturz oder eine Grunderkrankung der Auslöser. Betroffene klagen neben Doppelbildern über Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Da auch das dreidimensionale Sehen gestört ist, kommen Symptome wie Orientierungsschwierigkeiten, Schwindel oder Schwierigkeiten bei der Distanzeinschätzung dazu. Zur Eliminierung der Doppelbilder wird oft ein Auge unbewusst zugekniffen oder der Kopf in eine besondere Position gehalten, damit die Doppelbilder nicht mehr wahrgenommen werden. Je nachdem was der Auslöser für ein Lähmungsschielen ist, kann sich die Lähmung in der Augenmuskulatur wieder zurückbilden und die Symptome nehmen ab. Bis die Augenbeweglichkeit wieder normal wird, kann es aber bis zu einem Jahr dauern. Zur Linderung der Symptome können als Übergangslösungen Augenklappen oder Prismen verwendet werden, um die Doppelbilder zu verhindern.

Unbehandeltes Schielen kann zur Schwachsichtigkeit führen

Beim Sehen nehmen beide Augen jeweils ein Bild wahr, welches dann im Gehirn zu einem verarbeitet wird. Durch diese beiden unterschiedlichen Bildern entsteht dann eine dreidimensionale Erscheinung. Da beim Schielen die Augen unterschiedliche Bilder sehen, kann das Gehirn diese nicht miteinander verschmelzen und es entsteht ein Doppelbild. Bei Kindern ist das Gehirn so flexibel, dass es das schielende Auge unterdrückt und das Doppelbild nicht wahrnimmt. Dadurch entwickelt sich das schielende Auge nicht weiter und es entsteht eine Schwachsichtigkeit. Diese Schwachsichtigkeit, auch Amblyopie genannt, muss so früh wie möglich diagnostiziert und therapiert werden. In einem ersten Schritt wird untersucht, ob eine Brille die Situation und die Augenstellung verbessern kann. Meist hilft dies nicht genügend und eine Abdecktherapie muss zusätzlich gemacht werden. Bei der Abdecktherapie wird das besser entwickelte Auge jeden Tag für mehrere Stunden abgedeckt, damit das schwächere Auge sich entwickeln kann. Bei einem Schielen wird auch die Zusammenarbeit der Augen gestört. Diese kann sich dann nicht ausbilden oder wenn ein Schielen schleichend oder plötzlich im Verlauf der ersten Lebensjahre auftritt, kann die bereits entwickelte Zusammenarbeit der Augen wieder verschwinden. Deshalb sollte bei einem Verdacht auf ein Schielen auf keinen Fall abgewartet werden, sondern sofort eine orthoptische Abklärung durchgeführt werden.

So wird ein Schielen behandelt

Wenn ein Schielen diagnostiziert wird – egal in welchem Alter muss in einem ersten Schritt (neben dem Ausschliessen einer anderen Erkrankung) abgeklärt werden, ob ein Brechfehler besteht. Um eine optimale objektive Messung durchzuführen, sollte dies mit Augentropfen erfolgen. Falls eine Fehlsichtigkeit vorliegt, wird als Erstes eine Brille verschrieben. Bleiben die Symptome trotz Brille bestehen, kann in manchen Fällen eine Prismenbrille die Beschwerden lindern. Ein offensichtliches Schielen kann aber normalerweise nicht durch eine Prismenbrille behandelt werden. Bei dieser Schielform muss primär die Ursache für das Schielen abgeklärt werden. Bei einem neurologischen Auslöser, muss dieser als erstes behandelt werden. Wenn keine Grunderkrankung besteht oder eine Therapie der Grunderkrankung die Beschwerden nicht lindert, kommt eine Operation in Frage. Auch wenn die Muskeln der Augen nicht alleine der Grund für ein Schielen ist, lässt sich mit einer Augenmuskeloperation eine Verbesserung der Augenstellung erzielen. Bei einem versteckten Schielen (latenten Schielen) oder offensichtlichen Schielen kann in gewissen Fällen ein operativer Eingriff indiziert werden. Hier muss mit den Patient:innen individuell abgeklärt werden wann eine Operation notwendig ist. Bei den meisten Betroffenen ist eine Schiel-Operation aus medizinischer Sicht erforderlich. In manchen Fällen ist ein Eingriff aber auch aus funktionalen oder sozialen Gründen sinnvoll. Eine Schiel-Operation wird unabhängig vom Alter der Patient:innen in Vollnarkose und ambulant durchgeführt. Es handelt sich dabei um einen Routineeingriff, mit guten Erfolgschancen und wenig Risiken. Je nach Art des Schielens kann die Augenstellung auch mittels Injektion von Botulinumtoxin korrigiert werden. Welche Muskeln an welchem Auge operiert oder injiziert werden, wird vor der Behandlung ganz genau von Orhtoptist:innen und Strabolog:innen (medizinischer Fachrichtung für Schielbehandlungen) untersucht.

Beim Schielen ist die Zusammenarbeit zwischen Augenarzt und Orthoptist das A und O

Bei der Diagnose und Therapie des Schielens ist das oberste Ziel die Ursache zu finden, um Folgeschäden für Betroffene zu verhindern. Wenn Sie bei Ihrem Kind ein Schielen, eine Schiefhaltung des Kopfes, häufiges Blinzeln, Augenkneifen oder ein Augenreiben bemerken, empfehlen wir Ihnen schnellstmöglich eine vollumfängliche orthoptische und augenärztliche Abklärung zu vereinbaren. Einige Schielformen, wie das Mikroschielen sind vom blossem Auge kaum zu erkennen, deshalb raten wir allen Eltern das Kind bis zum vollendeten dritten Lebensjahr orthoptisch und augenärztlich untersuchen zu lassen.