Vererbbare Augenerkrankungen

02.09.2022
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Welche Arten von Augenerkrankungen gibt es und was bedeutet „vererbbar“?

Eine Augenerkrankung ist eine krankhafte (pathologische) Veränderung des Sehorgans. Diese kann nur bestimmte Teile oder aber das ganze Auge betreffen und wird durch eine Untersuchung bei Ihrem Ophthalmologen (Augenarzt) festgestellt.
Vererbbare Krankheiten im Speziellen haben dabei ihre Ursache im genetischen Code – genauer gesagt in Mutationen auf bestimmten Abschnitten eines Chromosoms (eines „Arms“ des genetischen Molekül-Komplexes), die an die nächste Generation weitergegeben werden. Eine Mutation eines Gens kann entweder auf einem X- oder einem Y-Chromosom liegen. Frauen haben zwei X-Chromosomen (also XX) und Männer haben ein X- und ein Y-Chromosom (also XY). Diese Tatsache ist entscheidend dafür, wieso manche Menschen zwar Träger einer erblichen Erkrankung sind, sich diese aber nicht zeigt oder bemerkbar macht: Findet sich die Mutation auf einem X-Chromosom – wovon Männer nur eines haben – sind nur Männer betroffen, Frauen hingegen seltener, weil sie noch ein zweites X (quasi zur Kompensation) haben (typisches Beispiel: Farbenblindheit).

Gene und entsprechend Mutationen, die zu Augenerkrankungen führen, können auf zwei Arten vererbt werden: Entweder autosomal-dominant oder autosomal-rezessiv. Viele Augenerkrankungen folgen dem autosomal-dominanten Muster, das bedeutet, dass eine vererbbare Augenerkrankung zu 50% an das Kind weitergeben wird. Bei einer autosomal-rezessiven Krankheit handelt es sich statistisch um eine nur 25%ige Wahrscheinlichkeit, wobei beide Elternteile das erkrankte Gen in sich tragen müssten.

Generell dient das Erbmaterial dem Aufbau des Körpers und trägt somit einen exakten genetischen Bauplan in sich – in jeder Zelle des Körpers. Diese Informationen werden genutzt, um zum Beispiel spezifische Proteine und Gewebe herzustellen. Folglich können Veränderungen dieser Information zu Fehlern im Aufbau dieser Komponenten führen – manchmal sogar mit merklichen Folgen, die sich dann beispielsweise als Erkrankungen äussern.

Typische vererbbare Augenerkrankungen sind zum Beispiel:

  • Farbenblindheit (Achromasie) ist eine relativ weit verbreitete Mutation, die fast nur Männer betrifft. Die Problematik liegt hierbei bei den nicht richtig funktionsfähigen Farbwahrnehmungs-Sensoren auf der Netzhaut. Normalerweise gibt es drei verschiedene (für rot, grün und blau), wobei im Falle einer Achromasie einer oder mehrere dieser Rezeptoren defekt sind. Die mit Abstand häufigste Form ist dabei die sogenannte Rot-Grün-Sehschwäche.

  • Juvenile Retinoschisis ist eine seltene Form der Netzhautspaltung (Spaltung der Retina), die rezessiv vererbt wird. Dabei wird die Netzhaut so stark geschädigt, dass ein teilweiser oder kompletter Funktionsausfall die Folge ist. Sie führt schon bei kleinen Kindern zu starker Beeinträchtigung des Sehens und kann in Extremfällen bis zur Erblindung führen.

  • Morbus Wagner wird autosomal-dominant vererbt und führt zu einer Verflüssigung des Glaskörpers.

  • Morbus Best ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung der Netzhaut. Die Krankheit tritt meist schon vor dem 20. Lebensjahr auf und äussert sich durch Ablagerungen in der Fovea centralis – dem Ort des schärfsten Sehens auf der Netzhaut – was zu Gewebeveränderungen und entsprechender Beeinträchtigung führen kann.

  • Morbus Stargardt ist eine seltene, juvenile Makuladegeneration, die autosomal-rezessiv vererbt wird. Dabei kommt es zu einem Zapfen-Zerfall (Farbrezeptoren der Netzhaut) und später zu einer Degeneration des Sehnervs.

  • Eine hereditäre (primäre) Optikusatrophie betrifft eine oder beide Sehnerven (das bedeutet auch ein oder beide Augen sind betroffen). Dabei kommt es zu einer Atrophie (Gewebeschwund) und somit Verkümmerung des Sehnervs. Die erbliche Form äussert sich in einem meist progredienten Verlauf und schlussendlich in Blindheit.

  • Okulärer Albinismus äussert sich durch Albinismus, der nur auf das Auge beschränkt ist. Dabei fehlt der Farbstoff auf der Retina, häufig kommt es zu Augenzittern (Nystagmus) und es liegt ein verschlechtertes Sehvermögen vor. Die restliche Haut ist dabei jedoch kaum betroffen.

Systemerkrankungen mit Auswirkungen auf die Augen

  • Diabetische Retinopathie bei Diabetes mellitus führt zu Mikroangiopathie (Mikrogefässverschlüssen) der Retina (Netzhaut) durch Ablagerungen im Augengewebe. Dabei können auch Flüssigkeitsansammlungen – sogenannte Ödeme – entstehen. Diese Komplikation eines Diabetes mellitus ist sehr verbreitet und betrifft etwa einen Drittel aller Erkrankten. Sinnvoll ist dabei vor allem eine frühe und gründliche Vorsorgeuntersuchung, damit beginnende Stadien möglichst schnelle erkannt und eine Behandlung begonnen werden kann. Verschiedene Umstellungen des Lebensstils, die Optimierung der Stoffwechselvorgänge und der Ernährung können in diesem Fall das Risiko massiv reduzieren.

  • Retinopathie pigmentosa ist eine nicht entzündliche Erkrankung der Retina mit meist zunehmender Degeneration der Netzhaut. Es gibt zahlreiche Mutationen, die zu diesem Krankheitsbild führen, weshalb unter anderem eine juvenile und eine adulte Form unterschieden werden. Eines der ersten auftretenden Symptome ist Nachtblindheit (Hell-Dunkel-Sehen), gefolgt von einem immer eingeschränkteren Gesichtsfeld auch bei Tag. Im späteren Verlauf treten Farbsehstörungen auf.

  • Beim Marfan-Syndrom degeneriert das Bindegewebe, was zu einer Instabilität und beispielsweise zu einer Lageveränderung der Augenlinse führt. Diese Krankheit ist autosomal-dominant vererbbar. Das Marfan-Syndrom betrifft insbesondere aber auch das Skelettgerüst und das kardiovaskuläre System, wo sich noch deutlichere und gravierendere Symptome zeigen.

  • Von einem Morbus Basedow (Graves-Krankheit) sind Frauen etwa 8x häufiger betroffen als Männer. Es kommt dabei zu einer Autoimmunantwort gegen körpereigene Zellen in der Schilddrüse, woraufhin diese Schilddrüsenhormone im Übermass produziert (sog. Hyperthyreose). Nebst anderen körperlichen Symptomen kommt es unter anderem zu einer Reaktion gegen die Augenmuskulatur, was zu einer Entzündung und folglich dem Hervortreten der Augäpfel einhergeht. Das dabei entzündete Augen-Gewebe vernarbt anschliessend (Fibrose).

Sowohl der Graue Star (Katarakt) als auch der Grüne Star (Glaukom) können selten eine genetische Ursache haben. Dabei handelt es sich bei einer Katarakt um eine Augenlinsentrübung, die sich in einer Verschlechterung der Sehfähigkeit äussert. Ein Glaukom ist eine Druckschädigung des Sehnervs – des Nervus opticus (z.B. durch einen erhöhten Augeninnendruck). Es kommt dabei zu Gesichtsfeldausfällen und Veränderungen der Region in der Netzhaut durch die der Sehnerv ein- und austritt. Ein erhöhter Augeninnendruck entsteht, wenn das Kammerwasser nicht richtig abfliessen kann – dieses wird ständig erneuert, weswegen eine Stauung eine Druckerhöhung verursacht.
Ebenfalls selten und meist nur teilweise, können auch Kurz- (Myopie) und Weitsichtigkeit (Hyperopie) genetische Ursachen haben.

Fazit

Vererbbare Augenerkrankungen lassen sich anhand des Krankheitsbildes und durch genetische Tests feststellen. Falls solche Erkrankungen in Ihrer Familie bekannt sind oder Sie den Verdacht haben das Sie von einer solchen betroffen sind, sind die Augenärzte der Augentagesklinik Zürich selbstverständlich für Sie da – auch um offene oder weitere Fragen zu beantworten.